Kyōhan

Kyōhan (教範) bedeutet soviel wie Lehrmethode. Funakoshi Gichin verwendete diesen Begriff für sein wichtigstes Werk „Karate Dō Kyōhan“. Auch Yamaguchi Gogen, bekannt als „die Katze“, veröffentlichte ebenfalls ein Buch mit dem Titel „Gōjū Ryū: Karate Dō Kyōhan“.

教 |  Lehre, Klasse
範 | Muster, Modell, Regel

Das Thema dieses Blogs ist Karate. Ich möchte meine Gedanken und Ideen zu diesem sehr breiten Themengebiet einfach mal niederschreiben, um auch das Chaos an Informationen in meinem Kopf etwas zu ordnen. Da Karate heutzutage hinreichend verklärt ist und viele Mythen und Missverständnisse über diese Kunst existieren, habe ich beschlossen dagegen anzugehen. Doch wie kam es dazu? Wieso existieren all die Mythen und Märchen und wie entstanden diese?

Nun das hat vielfältige Ursachen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Karate in der Vergangenheit fast ausschließlich mündlich weitergegeben wurde. Es existierten nur wenige Aufzeichnungen, von denen nicht viele in die heutige Zeit gerettet werden konnten. Wie verlässlich der mündliche Austausch von Informationen ist, lässt sich am besten durch das Kinderspiel „Stille Post“ verdeutlichen. Es werden Informationen weggelassen und welche hinzugedichtet.
Ein weiterer nicht unwesentlicher Grund ist kulturell bedingt. In Japan existiert so etwas wie eine offizielle Wahrheit, auch „tanemae“ und eine tatsächliche Wahrheit, auch „honne“. Dabei wird wesentlich mehr Wert auf die offizielle Wahrheit gelegt. Dies macht es umso schwerer mündlich überlieferte Fakten korrekt einzuordnen. Entsprechen diese nun der tatsächlichen Wahrheit (honne) oder der offiziellen Wahrheit (tatemae)?

建前 | Tatemae
本音 | Honne

Historisch gesehen gibt es also nur wenige belegbare Fakten. Für den Rest an Informationen existieren dann auch meist gleich mehrere Theorien pro Fragestellung. Als ein Beispiel hierfür soll hierbei die Entstehung der Heian/Pinan Kata dienen. Hier gibt es mehrere Theorien, die alle ihre Pros und Kontras haben.

Meine Mission ist es also zu informieren und aufzuklären. Da wo harte Fakten existieren, können Informationen verifiziert und verbreitet werden. Da wo es nur Vermutungen gibt, sollte man nicht dazu übergeben, nur weil andere dies schon seit Jahrzehnten tun, Halbwahrheiten oder gar Unwahrheiten zu verbreiten. Es soll also versucht werden, Karate wieder ins rechte Licht zu rücken, es zu entmystifizieren, mit gängigen Clichés aufzuräumen sowie Unsinn zu entlarven.

Ich möchte mit meinen Artikeln zumindest erreichten, dass sich der ein oder andere genauer über bestimmte Aspekte im Karate informiert und darüber hinaus anregen darüber nachzudenken. Wenn einige Praktizierenden anfangen Sachen zu hinterfragen ist meine Mission erfüllt. Sobald sich der karateinteressierte Mensch kritisch mit den Themen auseinandersetzt und nicht alles hinnimmt, befindet er sich auf einem guten Weg.

Zu meiner Person:
Mein Name ist Holger Nietzold und eine große Leidenschaft von mir ist das Karate. Begonnen habe ich 1991 mit dem Shōtōkan Karate und bei diesem bin ich auch geblieben. Gelegentliche Blicke über den so genannten Tellerrand haben dazu beigetragen, dass ich viele Sachen im Karate, so wie es allgemein vermittelt wird, unplausibel fand. Bei Nachfrage erhielt ich zumeist für mich unbefriedigende Antworten. Also begann ich zu dem Thema viele Bücher zu lesen, viele DVDs zu schauen, viel im Internet zu recherchieren und viele Lehrgänge zu besuchen. Ich interessiere mich besonders für die praktische Seite des Karate, also für die Kata des Karate, deren Anwendungen und die daraus resultierenden Prinzipien hinsichtlich einer effektiven Selbstverteidigung. Darüber hinaus interessiere ich mich sehr für die Geschichte des Karate, da viele Informationen erst Sinn ergeben, wenn diese in den richtigen historischen Kontext eingeordnet werden. Um es kurz auszudrücken:

Warum ist was wie und wie kam es dazu?

In diesem Sinne.