Der Unterschied zwischen Kampf und Selbstverteidigung

Sa, Jun 8, 2013

1 Kommentar

In diesem kurzen Artikel sollen einmal die Unterschiede zwischen einem Kampf und der Selbstverteidigung in einer Notsituation beleuchtet werden. Da die Notwehrregelung nur in einem Notfall in Kraft tritt, ist es nicht ganz unwichtig diese Unterschiede zu kennen. Als Hinweis will ich aber dringend festhalten, dass es sich bei diesem Artikel in keinster Weise um irgend eine Form der Rechtsberatung handelt.

Beim Thema Kampf könnte jetzt noch unterschieden werden zwischen einer sportlichen Ansetzung, einem militärischen Einsatz oder einer Auseinandersetzung auf der Straße. Der Einfachheit halber spare ich mir diese Unterscheidung, da die wesentlichen Punkte hinsichtlich eines Kampfes sich überlappen.

Zu Beginn soll einmal betrachtet werden was das Ziel eines Kampfes sind. Das Ziel eines Kampfes ist ganz klar diesen zu gewinnen, in dem der Gegner nach gewissen Kriterien besiegt wird. Diese Kriterien variieren je nach Art des Kampfes, beispielsweise gilt ein Kampf als gewonnen, wenn der andere Kampfteilnehmer nicht mehr in der Lage ist, den Kampf fortzusetzen, sei es auf Grund einer leichten oder schweren Verletzung oder auf Grund seines Ablebens. Die Gründe einen solchen Kampf anzutreten und zu führen variieren entsprechend ebenso. Es könnte dabei um Geld, Ruhm, die Wiederherstellung der Ehre gehen oder es könnten politisch motivierte Gründe existieren.

Das Ziel in einer Notsituation ist ganz einfach diese möglichst unbeschadet zu überstehen. Minimalziel ist das eigene Überleben und das der mit involvierten Verwandten, Freunde etc. Die Gründe dafür in eine Notsituation zu geraten sind ebenfalls sehr vielfältiger Natur, sei es aus Mangel an Aufmerksamkeit, Leichtsinnigkeit, Unvernunft, Selbstüberschätzung oder einfach auch auf Grund von höherer Gewalt, wie beispielsweise nicht oder nur wenig zu beeinflussenden Dingen wie Naturkatastrophen oder Unfällen.

Bei einem Kampf sind sich zwei Parteien einig, dass sie sich kämpferisch auseinandersetzen wollen. Einigkeit besteht häufig auch bezüglich des Zeitpunktes, der zum Einsatz kommenden Waffen und des Austragungsortes. Der Ort ist in der Regel dann eine entsprechend mehr oder weniger kontrollierbare Umgebung, wo die Bodenbeschaffenheit, die Beleuchtung oder das Wetter bekannt sind und die Kämpfer sich entsprechend darauf einstellen können. In sportlichen Auseinandersetzungen ist ein Regelwerk festgelegt, welches durch einen Kampfrichter durchgesetzt wird.

In einer Notsituation ist sich eigentlich nur der Angreifer darüber einig physisch aggressiv vorzugehen und er bestimmt den Zeitpunkt des Angriffes und welche Waffen er zum Einsatz bringt. Der Angegriffene ist vielleicht überrascht oder wenn er Glück hat, sieht er das Unheil kommen. Auf eine körperliche Auseinandersetzung ist er normalerweise dennoch nicht eingestellt. Problematisch und erschwerend hinzukommen können dann die bereits oben erwähnten Faktoren wie das Wetter, die Beleuchtung und der Untergrund. Das regennasse Pflaster in einer dunklen Gasse ist etwas gänzlich anderes als die weichen Matten im hell beleuchteten Dōjō. Regeln und Kampfrichter gibt es natürlich nicht.

Bei einem Kampf ist die eigene Verfassung meist besser als in einer Notsituation. Vor einem Kampf ist der Kämpfer physisch und psychisch bereit sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen. In einer Notsituation ist nach einem Disko-Abend der ein oder andere vielleicht sehr müde oder intoxiniert durch Alkohol oder sonstige Drogen und somit nicht in der Lage Gefahren zu erkennen, geschweige denn angemessen reagieren zu können. Auch die Kleidung spielt eine Rolle hierbei. In einer engen Jeans und im T-Shirt ist das Bewegungsgefühl anders als im Dōgi (道着) oder als in Muay-Thai-Shorts. Ein in einer Notsituation ebenfalls nicht zu beeinflussender Faktor ist die Anzahl der Angreifer die an einem Übergriff teilnehmen.

In einem Kampf werden die beiden Kontrahenten ihre Distanz frei wählen und es werden Finten und eine Deckung als taktische Mittel eingesetzt. Hier bietet es sich auch an, den Angriff des Gegners abzuwarten, um gegebenenfalls Schwächen ausmachen zu können. In einer Notsituation ist die Distanz bei der physischen Konfrontation meist recht gering. Finten und eine Deckung werden nicht benötigt, da das einzig vielversprechende taktische Mittel ein Präventivschlag ist. Ein Kampf wird so lange geführt, bis ein Gewinner feststeht. In einer Notsituation sollte die erst beste Möglichkeit zur Flucht ergriffen werden, denn Ziel ist es so schnell wie möglich eine größtmögliche Distanz zwischen sich und die Gefahrenquelle zu bringen.

Funakoshi Gichin waren diese Unterschiede offensichtlich auch bewusst, denn in seinem Buch „Karate Dō Kyōhan“ schrieb er dazu folgendes:

 Wenn es keinen Ausweg gibt oder man festgesetzt wurde noch bevor man einen Fluchtversuch unternehmen konnte, ist es Zeit den Einsatz von Selbstverteidigungstechniken in Erwägung zu ziehen. Zeige nicht  einmal in dieser Situation die Absicht anzugreifen und warte bis der Angreifer sich in Sicherheit wiegt. Lege in einem Überraschungsmoment alle Kraft in einen Schlag und attackiere eine verwundbare Stelle (Vitalpunkt) und bringe dich dann in Sicherheit und suche Hilfe.

Um das an einem Beispiel zu verdeutlichen, versuche ich mich einmal an einem Beispiel. Ich bin mit ein paar Freunden in einer Bar, denn es gibt etwas zu feiern. Plötzlich wird einer meiner Freunde recht unsanft angerempelt und eine hitzige Diskussion entsteht. Sämtliche Versuche Sinn in den Aggressor zu reden scheitern und er beginnt gewalttätig zu werden. Ich komme meinen Freunden zu Hilfe und strecke den Angreifer mit einem Faustschlag nieder und alle können unverletzt aus der Bar entkommen. Dies würde ich als einen Akt der Selbstverteidigung werten. Der ein oder andere kennt vielleicht Situationen, in denen zwei Streitlustige in eine Auseinandersetzung geraten, wo sich dann beide Parteien relativ schnell einig sind, sich vor die Tür zu begeben, um die Sache wie Männer zu klären. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Notsituation, sondern um einen illegalen Straßenkampf.

Generell sollte man sich solche Auseinandersetzungen sparen, da diese immer psychische, physische, materielle sowie juristische Folgen haben können. Selbst wenn es sich um eine Notsituation handelt, ist vielleicht hinterher die Faust geprellt, die Hand gebrochen, die Turnschuhe voll geblutet oder das Lieblingsshirt zerrissen. Man selbst hat ein schlechtes Gewissen oder arge psychische Probleme, da der Angreifer durch die Verteidigungsaktion vielleicht schwer verletzt wurde und auf die Termine beim Anwalt und vor Gericht kann, glaube ich, auch jeder gut verzichten.

Dies waren einmal die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Kampf und einer Notsituation, die mir so auf die Schnelle eingefallen sind. Kennt Ihr noch weitere, dann schreibt diese doch unter den Artikel in die Kommentare.

In diesem Sinne.

 

 

Ein Kommentar

  1. Du beschreibst den Sachverhalt sehr gut, allerdings aus Sicht eines gutsituierten Sportlers bzw. Kampfkünstlers. Bei der Auseinandersetzung mit asozialen Elementen, herrschen aber andere Regeln. Da kannst du moralisch nicht immer als Gewinner herausgehen und musst verleicht in einer Art handeln, die gegen deine Werte verstößt. Hier meine ich z.B. einen präventiven Angriff bevor der Gegner in eine Reichweite vordringt, in du einen potenziellen Angriff rein physikalisch gar nicht mehr abwehren kannst.

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