Funktionen der nicht schlagenden Hand

Do, Nov 25, 2010

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Ein sehr wichtiges Prinzip in einer Auseinandersetzung ist, immer mit beiden Händen bzw. Armen zu agieren und niemals eine so genannte tote Hand – Shite (死手) – zu haben. Das eine Hand bzw. ein Arm zuschlägt ist relativ klar. Aber wozu kann die zweite Hand verwendet werden? Einige werden sich sicherlich diese Frage schon selbst gestellt haben und anderen ist dieses äußerst wichtige Prinzip vielleicht gänzlich unbekannt. Aus diesem Grund schauen wir uns mal die Funktionen der nicht schlagenden Hand und die Prinzipien an, die dahinter stecken.

Die Verwendung der nicht schlagenden Hand wird eigentlich in jedem Dōjō exzessiv geübt und zwar während des Trainings der Grundschule, auch Kihon (基本) genannt. Es mag den meisten vielleicht nicht auffallen, aber betrachtet man die Grundtechiken des Karate näher, sollte auffallen, dass die nicht schlagende Hand immer auf eine gewisse Art und Weise eingesetzt wird, sei es bei der Ausholbewegung oder das Zurückziehen an den Körper nachdem eine Technik ausgeführt wurde. Die zurückziehende Hand wird in Karatefachkreisen auch Hikite (引き手) genannt und mit „ziehende Hand“ übersetzt.

Funakoshi Gichin schreibt in seinem 1925 erschienenden Buch „Rentan Goshin Tōde Jutsu“ die nachfolgenden Worte zur Bedeutung des Hikite.

Die Bedeutung des Hikite, der ziehenden Hand, ist, die attackierende Hand zu greifen und diese an sich zu ziehen, während man sie gleichzeitig so stark es geht eindreht. Dadurch wird der Körper des Gegners zwangsweise an den Körper des Verteidigers herangeführt.

In seinem Buch “Karate Dō Kyōhan” ergänzt er dann noch dieses.

So wird das Gleichgewicht gebrochen. Die Effektivität des Angriffes wird somit stark reduziert, während die des Gegenangriffes stark verbessert wird. Eine ziehende Bewegung, gepaart mit einer Drehung ist wesentlich effektiver als eine gerade Ziehbewegung.

Für das Hikite lassen sich also prinzipiell drei wichtige Funktionen erkennen. Zum einen soll das Gleichgewicht des Gegners gebrochen werden, um einen effektiven Angriff zu unterbinden. Ist das Gleichgewicht gebrochen, so ist der Gegner schwer bemüht es wieder zu erlangen und ist primär mit sich selbst beschäftigt. Dies erhöht die Effektivität des eigenen Angriffs um ein Vielfaches. Des Weiteren kann eine Kraft, die auf den Gegner durch einen platzierten Schlag einwirkt, nahezu verdoppelt werden, was die Effektivität ebenfalls erhöht. Dies ist dann einfache Physik. Zwei Objekte die mit gleicher Geschwindigkeit aufeinander treffen, entwickeln nahezu dieselbe Verformungsenergie, wie ein doppelt so schnelles Objekt, welches auf ein ruhendes trifft. Zu guter Letzt kontrolliert die Hikitehand die Hand des Gegners, so dass er diese nicht einsetzen kann und somit keine Gefahr von dieser Hand ausgeht.

Eine weitere Funktion der nicht schlagenden Hand ist das Beseitigen von Hindernissen. Ist der Weg für einen Schlag durch die gegnerische Deckung versperrt, so muss dieses Hindernis entfernt werden, so dass der Schlag ungehindert sein Ziel finden kann. Dies kann sowohl durch Hikite, als auch durch die Ausholbewegung erreicht werden. Die Schwerthandantwort (Shutō Uke) dient sehr oft in Kata als Repräsentant für dieses Prinzip.

Während einer Auseinandersetzung ist die Präzision der Schläge ausschlaggebend und man sollte bemüht sein die Genauigkeit der Schläge zu maximieren. Dies kann am effektivsten dadurch erreicht werden, in dem ein taktiler Referenzpunkt als Orientierungspunkt gesetzt wird. Das Setzen eines solchen Orientierungspunktes stellt somit ebenfalls eine wichtige Funktion der nicht schlagenden Hand dar. Ein Beispiel, welches dieses Prinzip illustriert und häufig in den Kata zu sehen ist, ist der Schlag mit dem Ellenbogen (Empi Uchi) in die eigene Hand.

Zum Schluss fasse ich die oben angesprochenen Prinzipien noch einmal kurz zusammen.

  • das Brechen des gegnerischen Gleichgewichts maximiert die eigene Effektivität
  • die Erhöhung der  Schlagkraft verbessert die Resultate
  • die Kontrolle der gegnerischen Arme verringert das eigene Risiko
  • die Beseitigung von Hindernissen garantiert das ungehinderte Treffen des Zieles
  • das Setzen von Orientierungspunkten maximiert die Treffgenauigkeit

Eines der wichtigsten Prinzipien im freien Kampf ist, wie eingangs schon erwähnt, dieses.

Es sollten immer beide Hände genutzt werden, in dem die eine Hand Gelegenheiten und Chancen für die andere Hand schafft.

In diesem Sinne.

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